Grundschulpädagogische Fragen

[Input - Schule - Output]

[...] Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Früh muss gekrümmt werden, was ein Häkchen werden soll. Kleinkindzeit ist Vorschulzeit. Was Hänschen (im Vorschulalter) nicht lernt, lernt Hans (der Schüler) nimmermehr. Mit der Schule beginnt der Ernst des Lebens. Was Schule ist, ist bekannt: eine ins Leben schneidende, Anforderungen auch gegen individuelle Fähigkeiten und Interessen durchsetzende, sich von dem noch größeren Lebensernst des Berufslebens her legitimierende öffentliche Anstalt.

Eltern und Kindergärten bereiten Kleinkinder auf die Schule vor, um sie schulreif zu machen.

Wenn die Schule einige Monate vor dem Einschulungstermin feststellt, dass das Kind in der Entwicklung hinter den an dieses Alter gerichteten Anforderungen zurückgeblieben ist, wird ihm noch ein Jahr Zeit gegeben, die nötige Reife im Schoße der Familie zu erwerben. Eltern werden ein bisschen beraten, mit welchen Maßnahmen und Trainingsprogrammen sie das Kind auf die Schule vorbereiten können.

Grundschullehrerinnen führen Mütter in abendlichen Schnellkursen in die Didaktik und Methodik der geplanten Unterrichtsgegenstände ein, damit das häusliche Lernen der Kinder fachgerecht angeleitet werde.

Eltern fordern die Grundschullehrerin auf, ihnen den geplanten Lehrstoff sechswöchig im voraus bekannt zu geben, damit sie die Kinder schulfit machen können.

Eltern fordern von der Grundschullehrerin, täglich eine angemessene Menge Hausaufgaben zu erteilen, damit sie „mit den Kindern lernen“ und sowohl die Leistungen der Kinder als auch die Leistungen der Unterrichtenden kontrollieren können.

Die  [...] schlimmsten Vorwürfe macht die Schule dem Elternhaus dann, wenn das Kind zu Hause nicht (nicht nichts, sondern „nicht“) lernt. Wenn aber das Kind außerstande ist, die häuslichen Schularbeiten zu bewältigen? Die Familienehre steht auf dem Spiel! Mütter (meistens sind es ja nach wie vor die Mütter) klären die Situation, indem sie auch diese Hausarbeit erledigen.[1]

Als Entschädigung für die familiären Lernbemühungen verlangen Mütter und Kinder die Zuteilung abgestufter Berechtigungsbelege. Nicht differenzierte Beschreibungen des individuellen Lernfortschritts sind von Interesse, sondern der Rang, der dem Kind im Vergleich zu anderen zukommt. Wofür es Noten gibt, ist unwichtig; Hauptsache, es gibt passable Noten. Was nicht benotet wird, kann nicht als wichtig angesehen werden. Schule kann lehren, was sie will - entscheidend ist, dass das eigene Kind gute Beurteilungen bekommt, damit der Weg zum Gymnasium und zu einträglichen Chancen im Berufsleben offen ist. Daher darf Schule für die einzelnen Noten nicht zuviel und im Vergleich zu anderen Schulen nicht zuwenig kontrollierbare Kenntnisse und Fertigkeiten fordern.[2]

Wenn Grundschule so läuft, sind Kinder zum Material, Lehrer zu Vollzugsbeamten, Lerninhalte zum Stoff, Schülerleistungen und Leistungsbeurteilungen zu Tauschobjekten verkümmert.

Am Anfang ist das Wort „Schulreife“. „Reifung“ ist ein Terminus, der den Schwerpunkt einer Entwicklung auf anlagemäßig, naturhaft bis naturgesetzlich ablaufende, nur eingeschränkt förderbare und behinderbare Veränderungen legt. Im Begriff „Schulreife“ ist unterstellt, dass die Bedingungen, in denen das Kind sechs Lebensjahre lang gelebt hat, recht unbedeutend seien für seine Entwicklung; es sei möglich, dass das anlagemäßige Reifungspotential des Kindes sich in einem Rückstellungsjahr auch gegen unverändert widrig bleibende Lebensumstände durchsetzen könne. Die Schule brauche und könne die Verantwortung für eine angemessene individuelle Entwicklungshilfe nicht übernehmen: Es „können keine Pestalozzische Erziehungskünste aus einem geborenen Tropf einen denkenden Menschen bilden: nie! Er ist als Tropf geboren und muss als Tropf sterben.“ (Schopenhauer) Schule muss Menschen nehmen, wie sie sind, und kann sie nur ihren vorhandenen und heranreifenden Fähigkeiten entsprechend mit Kenntnissen und Fertigkeiten anfüllen. Da die Schüler mit unterschiedlichen Fähigkeiten begabt sind und Schule als allgemeine Beregnungsanstalt statischen Charakter hat, muss es verschiedene Schulen geben und müssen die Schüler nach ihrer Standhaftigkeit gegen die Fluten des Bildungsbetriebes sortiert werden. Das ist human, weil auf diese Weise das Leben des einzelnen Schülers von den beiden größten Unglücken: der Unterforderung und der Überforderung, freigehalten werden kann.

Ich fasse zusammen: Schule erwartet von den Eltern, dass sie ihre Kinder zum Bewältigen des Schulbetriebs befähigen. Sie erfüllt als Gegenleistung dafür die Erwartung der Eltern, sie müsse definieren, welche Fähigkeiten für welche Note sie denn verlange; und am Ende tauschen Elternhäuser und Schule Kinderleistungen gegen Berechtigungsscheine.

Putput - Weiterentwicklung des Bildungswesens zur Geflügelfarm