Grundschulpädagogische Fragen

Fragen, an denen sich die Geister scheiden

Bis in die sechziger Jahre dieses Jahrhunderts verstand sich Grundschule als Unterstufe der Volksschule von ihrer Aufgabe her, Lesen und Schreiben als Kulturtechniken zu lehren, eine in Anwendungsfällen sich bewährende Rechenfähigkeit und -fertigkeit zu entwickeln, die Entfaltung elementarer musischer Fähigkeiten zu fördern und die Kinder in konzentrischen Kreisen wissens- und gefühlsmäßig in ihre unmittelbare und weitere Heimat einzuwurzeln.

Ende der sechziger bis Mitte der siebziger Jahre wurde der Grundschulunterricht im wesentlichen an den Strukturen der wissenschaftlichen Disziplinen orientiert. 

In den achtziger Jahren hat sich eine neue Grundschule entwickelt, und zwar nicht nur auf den grünen Tischen der pädagogischen Theorie und nicht nur in der Schulwirklichkeit, sondern in einer neuen, ausgesprochen fruchtbaren Wechselwirkung von pädagogischer Theorie und Schulpraxis. 

Aber wo sich etwas Bahn bricht, bleibt einiges zurück und altes übrig. Daher können zwei, die über Grundschulpädagogik sprechen, sich nie sicher sein, ob sie bei Verwendung gleicher Wörter auch über das gleiche reden. 

Was ist "Schulreife"?1 

Was ist "Reifung"? 

Was ist "Begabung"?2 

Was ist "Entwicklung"? 

Was ist "freisetzende Erziehung"? 

Was heißt "Lernen"? 

Was heißt "Unterrichten"? 

Was ist "Motivation"? 

Was ist "Lernleistung"?

In welchem pädagogischen Verhältnis stehen die Begriffe "Fördern" und "Fordern"?

Welche Beziehung besteht zwischen Welt und Wissenschaft? Welche Bedeutung kommt der Wissenschaft für die Beziehung des einzelnen Menschen zur Welt zu? Was soll "wissenschaftsorientierter Unterricht" sollen?

Was ist "kindorientierter Unterricht"?

Welchen Auftrag hat die Grundschule hinsichtlich der Sozialisation und der Personalisation der Kinder?

Was heißt "originale Begegnung"?

Was heißt "didaktische Reduktion"?

Was heißt "handlungsorientierter Unterricht"? Was ist eine "Handlung"?

Was heißt "Schreiben"?

Was heißt "Lesen"?

Ist die Fähigkeit, mit Abstraktionen umzugehen, der inhaltliche Kern des Mathematiklernens?

Was ist ein "Lernziel"? Wie sollte man ein Lernziel formulieren? Was ist "lernzielorientierter Unterricht"? Soll Unterricht "lernzielorientiert" sein?

Wie ist eine lernwirksame Unterrichtsstunde aufgebaut? Welche Eröffnungsmöglichkeiten gibt es? Was besagt die Forderung nach der "Abgerundetheit" einer Unterrichtsstunde?

Ist das Prinzip des Phasenwechsels ein bedingungsloses Prinzip?

Fußnoten

1: Ist "Schulreife" eine Mitgift des Elternhauses?

2: A. Schopenhauer: Es "können keine Pestalozzische Erziehungskünste aus einem geborenen Tropf einen denkenden Menschen bilden : nie! Er ist als Tropf geboren und muss als Tropf sterben."

Grundschulkongress 1969: "Begabung" ist weniger als eine schicksalhafte Größe, vielmehr als eine pädagogische Leistung anzusehen ("Begaben").

Zwei grundverschiedene Bildsamkeitsbegriffe, die zu diskutieren wären.