Forderungen an eine didaktische Ausarbeitung zum Themabereich

Erweiterung des Zahlenraums bis 1000

Einleitend sollte der didaktische Problemgrund, gegebenenfalls eine methodische Grundsatzentscheidung und die daran geknüpfte Fragestellung angegeben werden.

Bevor die Unterrichtsthematik didaktisch analysiert und die Unterrichtsmethodik konstruiert wird, sollten die unterrichtsrelevanten mathematik-fachlichen Sachverhalte bestimmt werden, um das fachliche Fundament deutlich zu machen, auf dem die konkret-didaktischen Betrachtungen zu den themaspezifischen Lernvoraussetzungen und didaktischen Modellierungen angestellt werden. Die Sachverhaltsdarstellung sollte über eine mediumsbezogene Analyse und über das in Unterrichtsanleitungen (Lehrerhandreichungen zu Lernmitteln) Vorgefundene hinausgehen. Es gilt, die mathematischen Grundlagen des Unterrichtsthemas gründlich zu erschließen, in prägnanter Strukturierung darzustellen und präzise auszudrücken.

Der didaktisch hier relevante kardinale Aspekt bezieht sich auf Mengenmächtigkeiten und durch Mengenzerlegungen, -zusammensetzungen, -beziehungen und -bündelungen grundgelegte Zahlbeziehungen und Klassenbildungen höherer Ordnung (Einheiten). Der ordinale Aspekt liefert die Beziehungen zwischen den Elementen (Zahlen als Nummern) in einer Zahlenreihe. Beide Aspekte schließen die Fragen der Notation noch überhaupt nicht ein. Daher muss die Untersuchung der "Struktur des Tausenderraums" durch eine explizite zeichensystembezogene Betrachtung ergänzt werden.
Die thematisch zentralen Beziehungen zwischen den Begriffen Menge, Zahl und Zahldarstellung, zwischen zahlbereichsstrukturellen und zahldarstellungssystematischen Sachverhalten sowie zwischen mathematischer Struktur und dessen homomorpher konkretisierender Modellierung sind systematisch deutlich zu machen.

Unbedingt sollte die fachlich falsche und didaktisch gefahrenträchtige Verwechslung von Zahl, Zahlwort (Zahlbezeichnung, Zahldarstellung) und Ziffer vermieden werden. Stufenzahlen (1, 10, 100, 1000, ...) sind als Zehnerpotenzen von den Einheiten in der Menge der (natürlichen) Zahlen (1 Einer, 1 Zehner, 1 Hunderter, 1 Tausender, ...) zu unterscheiden.
Auch in der Unterrichtssprache darf nicht verständniswidrig ungenau mit den Begriffen "Einer", "Zehner", "Hunderter" usw. umgegangen werden. Sie sind abstrakte, die Menge der (natürlichen) Zahlen strukturierende Einheiten. Ihr System findet sich in der dekadischen Zahlenkodierung als eines der systembildenden Konstitutiva wieder, nämlich darin, dass den Stellen eines mit Ziffern geschriebenen Zahlworts ein bestimmter Wert (der Stellenwert) zugeordnet ist. Dass das (höchstgradig abstrakte) Stellenwertsystem didaktisch auf das in Handlungen erkennbare und anwendbare Bündelungssystem gegründet ist, bedeutet nicht, dass es für den Erkenntnisprozess irrelevant ist, ob Dingmengen-Bündel bestimmter Einheitsmächtigkeit vorschnell als "Zehner" oder "Hunderter" oder korrekt als "Zehnerbündel" bzw. "Hunderterbündel" bezeichnet werden.
Die Bezeichnungen für Mengen ("Hunderterfeld"), Mengenmächtigkeiten ("[ein]hundert", "100") und Stückgrößen ("[ein]hundert Punkte", "100 Punkte"), für Mächtigkeitseinheiten ("Hunderter") und Einheitsmächtigkeiten ("[ein]hundert", "100", "ein Hunderter", "1 Hunderter") synonym zu verwenden wäre fachlich falsch und didaktisch bedenklich. Die wechselseitige Beziehung zwischen den trennscharf zu unterscheidenden Begriffen Menge, Mengenmächtigkeit (Anzahl), Stückgröße und Bündelungseinheit gehört zum mathematikdidaktischen Zentrum des kardinalen Aspekts der "Tausenderraum-Struktur". Die didaktische Ausarbeitung darf die für die Herausarbeitung dieses Kerns notwendige begriffliche Tiefe und Klarheit nicht vermissen lassen.
Entsprechendes gilt auch für die Erschließung des ordinalen Aspekts der "Tausenderraum-Struktur" und des Zahldarstellungssystems. Von zehn aufeinanderfolgenden Zahlwörtern als "10 Einern" zu sprechen wäre ebenso abwegig wie die in einem Zahlwort betrachtete Anzahl der Hunderter als "den Hunderter" oder ein Vielfaches von 100 als "einen(!) Hunderter" zu bezeichnen.

Differenzierte Unterrichtsziele anzugeben ist nur in dem Maße möglich, in dem ihr fachlicher und fachdidaktischer Bezugsrahmen umfassend, spezifiert und begriffsgenau ausgeleuchtet worden ist.

Zur Unterrichtsmethode: Die Formen, Verlaufsgestalten und mediale Stützung der Erarbeitungsgespräche müssen gründlich vorbedacht werden: Wie kann gewährleistet werden, dass die Entdeckungen der einzelnen Schüler zum Lerninhalt für die anderen werden? Wie ist im Anschluss an eine freiere Entdeckungsphase eine strukturierende Erarbeitung und dann eine sichernde Durcharbeitung zu gestalten?